Die Fachstellen XENION e.V. und Zentrum Überleben gGmbH vom Berliner Netzwerk für schutzbedürftige Geflüchtete (BNS) geben eine Stellungnahme und Folgeeinschätzung zur Hinzuziehung von uniformiertem Personal der Bundeswehr im Rahmen von Impfungen in Erstaufnahme- und Gemeinschaftsunterkünften des LAF ab.

75 Prozent der in Deutschland ankommenden geflüchteten Menschen haben traumatische Ge- walterfahrungen vor und in Zusammenhang mit der Flucht erlebt. Zwischen 16 und 40 Prozent der Asylbewerber*innen in den Unterkünften haben traumabedingte psychische Erkrankungen. Über 60 Prozent der traumatischen Erfahrungen stehen in Zusammenhang mit „Kriegserlebnissen“ und 40 Prozent mit „Angriffen durch Militär“. Auch bei den Stressoren „Folter und Zeugenschaft von Folter“, „sexueller Angriff und Vergewaltigung“ sowie „bei allen Arten von Haft“ kam es zumindest für einen Teil der Erkrankten zu einer direkten Konfrontation mit Uniformierten.

Die ausführliche Stellungnahme kommt vor diesem Hintergrund zu folgenden Empfehlungen zu den Impfungen in Erstaufnahme- und Gemeinschaftsunterkünften des LAF:

  • Unbedingte Wahrung der Freiwilligkeit
  • Nach Möglichkeit Verzicht auf den Einsatz von Flecktarnuniformen oder mit Abdeckung der Uniform mit medizinischen Kitteln
  • Aufsuchende Impfangebote unbedingt priorisieren
  • Hilfsweise umfassende Aufklärung über die Beteiligung von Uniformierten und ihrer Funktion bei der Impfung in der Muttersprache der Betroffenen
  • Anwesenheit von muttersprachlichem Personal oder Sprachmittler*innen
  • Anwesenheit von traumainformierten Mitarbeiter*innen in den Unterkünften, hilfsweise zumindest persönlich bekannten Unterkunftsmitarbeiter*innen
  • Gestaltung einer stressfreien Impfsituation, die sensibel auf die möglichen emotionalen Reaktionen eingehen kann
  • Impfangebote für impfbereite geflüchtete Menschen, die trotz der genannten Vorkehrungen an dieser Vor-Ort-Impfung in den Unterkünften nicht teilnehmen möchten oder können, z.B. bei eine*r muttersprachlichen Ärzt*in oder eine*r Ärzt*in des Vertrauens einschließlich eines Begleitangebots durch Sprachmittler*innen
  • Intensive Anstrengungen zur Aufklärung und Information über alle wichtigen Aspekte der Impfung und der Impfstrategie im Vorfeld der Impfung in der Muttersprache der geflüchteten Menschen
  • Kreative Gestaltung der Informationsverbreitung mit neuen Medien und Intensivierung der Informationsverbreitung unter Einbindung muttersprachlichen Medienbetreiber*innen

Die vollständige Stellungnahme und Folgeeinschätzung von XENION und Zentrum Überleben findet sich hier: Stellungnahme und Folgeneinschätzung XENION und ZÜ